„Frankfurt loves Thailand“
The longest Kinderbild in the world 2005 – from Phuket to Frankfurt – www.propheten.com

Die lachenden Kinder von Phuket
hr-online.de 21. April 2005
Laura Di Salvo, bekannt als Wetterfee im hr-fernsehen, ist nach Phuket gereist, zusammen mit einem Kameramann und dem Fotografen Thorben Leo. Sie hat das thailändische Neujahrsfest „Songkran“ vom 13.-15. April miterlebt und die malenden Kinder am Strand. Hier ihr Bericht:
Ein Bild für die Götter. Fröhliche Stimmen füllen den Strand von Patong – ein Paradies in Thailand, das langsam regeneriert. Die Sonne steht hoch. Doch die Mittagshitze scheint an diesem Tag die Kinder von Phuket nicht zu stören. Zwischen bunten Sonnenschirmen und Meerwasser malen sie in Scharen auf eine zweihundert Meter lange Leinwand.
Thailändische Jungen mit rasierten Köpfen, die Mädchen mit einer Spange im Haar tauchen immer wieder Pinsel in die rote, gelbe, blaue und grüne Wasserfarbe. Konzentriert gehen sie zu Werke. Eltern, Lehrer, vorbeilaufende Touristen, einheimischen Passanten beobachten fasziniert das bunte Spektakel am Strand. Die Kinder arbeiten am größten Bild der Welt. Es ist der letzte Tag des «Songkran»-Neujahrsfestes mitten im April, drei Monate, nachdem die Riesenwelle auch hier alles zerstörte. Der Tsunami hat diesen Ort, der bislang nur wegen seines Nachtlebens eher berüchtigt denn berühmt war, nun wegen der hohen Opferzahlen weltweit bekannt gemacht.
Zwei Männer springen barfuss zwischen den Kindern herum. Sie lachen, tauchen auch ihre Pinsel in die Farben, fotografieren das Ereignis, unterhalten sich mit den Menschen am Strand – der Frankfurter Künstler Mike Kuhlmann und Peter Fischer, Präsident des Fußballclubs Eintracht Frankfurt. Ein Lächeln tanzt über das Gesicht der Männer. Sie sind sehr zufrieden mit der Resonanz ihres Projektes: Mehr als tausend Kinder sind aus den betroffenen Distrikten – auch aus dem völlig zerstörten Khao Lak – mit den Bussen gekommen, um beim Malen unter Anleitung am Katastrophenstrand ihre traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten. Nebenbei werden Spenden gesammelt, um betroffenen Kindern und Eltern zu helfen – sofort und langfristig.
«Viele der Kinder hier haben einen Menschen verloren.» Eintracht-Präsident Peter Fischer schaut auf die bunte Schar zu seinen Füßen. «Es wird dauern, bis die Kids wieder Vertrauen zum Meer gewinnen.»
Fischer hat auf Phuket den Tsunami überlebt und in Mike Kuhlmann einen Partner gefunden, der ihn in seinem Bestreben, ein Stück Normalität zumindest unters junge Volk zu bringen, voll und ganz unterstützt. «Wir wollen den Kindern ermöglichen, die Geschehnisse zu verarbeiten», erklärt der Maler.
Sein Freund Peter Fischer hatte Glück im Unglück. Nach der ersten Flutwelle suchte er mit seiner Familie Zuflucht in seinem Hotel am Surin-Beach. Sie schafften es gerade noch, sich in Sicherheit vor den Wassermassen zu bringen, ohne das ganze Ausmaß der Katastrophe gleich zu erfassen. Erst am nächsten Tag begreift der Fußballpräsident, was tatsächlich geschehen war. «Der Nachbarstrand Kamala war platt, wir konnten den Überlebenden nur Essen und Wasser bringen.» Fischer blieb, trotz des unsäglichen Erlebnisses, täglich weitere Tote am Strand zu finden. Er half bei der Verteilung des Essens, flehte per Telefon und TV-Liveschaltungen die Menschen in Deutschland um Geld an. Seine Mobilfunkrechnung vom Januar: 1546,76 Euro.

Kinder an die Hand nehmen
«Propheten» nennen Peter Fischer und Mike Kuhlmann ihre Projektidee, möglichst viele Kinder an die Hand zu nehmen und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Seelen zu öffnen, ob mit Worten oder in Bildern – nicht nur wie gerade jetzt in Thailand, sondern weltweit. Vor allem eins wollen sie: «Wichtig ist die Bildung.» Die beiden Frankfurter sind sich einig, dass das die Grundlage für nachhaltige Hilfe ist.
Die engagierten Männer genießen den Blick auf die malenden Kinder,genehmigten sich im Schatten der Palmen ein kurze Pause. «Beruflich haben wir einiges erreicht, jetzt sind die anderen dran», erklärt Mike Kuhlmann. Lange vor dem Seebeben hatte er das Label «Propheten» gegründet. Ein Buch mit Bildern von Kindern aus der ganzen Welt ist entstanden.
Eines von Kuhlmanns «Propheten»-Projekten ist eine Zeitschrift «mit positiven Meldungen für Kinder». Und auch eine Homepage ist geschaltet: www.propheten.com. Auf einer CD mit Chillout-Musik fragen Kinder zwischen den Liedern: Wohin weht der Wind? Oder warum ist das Meer blau? Einnahmen und Spenden fließen in Kindereinrichtungen: So konnten die «Propheten» im
letzten Jahr einem Schulleiter in Nepal die Schlüssel für eine neue Bildungsstätte überreichen. Siebentausend Euro hat der Bau der Schule für rund 40 Kinder und drei Lehrer samt Infrastruktur gekostet. Und alle Arbeiten wurden mit Ortskräften ausgeführt.
«So etwas ist wichtig», bekräftigt Eintracht-Präsident Fischer. «Auch jetzt und hier auf Phuket.» Den Spendern der bislang in Phuket eingenommenen Gelder in Höhe von mehr als 250.000 Euro garantieren Fischer und Kuhlmann: Das Geld wird vor Ort ausgezahlt und die beiden Männer überzeugen sich persönlich, wo Geld am dringendsten gebraucht wird und wo eine Investition längerfristig hilft.
Außerdem werden nur ansässige Firmen für Arbeiten herangezogen. «Wenn du Tränen siehst, überlegst du nicht lange», versucht Fischer sein Engagement zu erklären. «Wir haben uns durchgefragt, bis wir die richtigen Zuständigen vor der Nase hatten.»
Die «Propheten» wollen aber noch mehr bewegen – möglichst mit Langzeitwirkung: So erhalten sechs Distrikte so genannte Learningcenter für Kinder, Lehrer und Eltern. Eine Mischung aus Bibliothek, IT-Center und Volkshochschule. «Sechs Pflanzen», sagt Mike Kuhlmann, «von denen wir bald sehen, was daraus wird.»

Ein Bild geht um die Welt
Die Sonne wirft inzwischen lange Schatten. Noch immer malen die Kinder – nur hin und wieder unterbrochen von Mahlzeiten und Animationsspielen. Für viele Menschen am Patong-Strand beginnt jetzt, am späten Nachmittag, die schönste Zeit des Tages – trotz der allgegenwärtigen Erinnerung an die Katastrophe.
Auch Peter Fischer genießt die Atmosphäre. Äußerlich ganz ruhig, bekommt er aber seine Gedanken nicht gebändigt. Jetzt, wo das größte Kinderbild der Welt nahezu fertig ist und die Aktion mit den vielen freiwilligen deutschen und thailändischen Helfern so viel Freude bereitet hat, erinnert sich der Eintracht-Präsident an seine Besuche in einer zerstörten Grundschule. An den Schulplatz voller Geröll und Schutt.
«An tote Kinder, die aussahen, als ob sie friedlich schliefen», sagt der Frankfurter und wischt sich eine Träne aus dem Gesicht. Auch Mike Kuhlmann sinniert schweigend. Er schaut zu, wie die Helfer die lange bunte Leinwand einwickeln, mit den vielen darauf verewigten Schicksalen, traumatischen Erlebnissen, Wünschen, Sorgen, Ängsten, aber auch Hoffnungen, die jetzt durch die Welt schippern.
Am 30. April ist das Bild in Frankfurt am Main zu sehen.

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